Gesundheit

Die Schattenseite des japanischen Arbeitslebens: Überstunden, Druck und das Stigma des Rücktritts

In Japan ist die Arbeitskultur für ihre Intensität bekannt. Viele Arbeitnehmer berichten von langen Arbeitszeiten und starkem Druck durch Vorgesetzte. Dieser Zustand hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit der Mitarbeiter, sowohl physisch als auch psychisch.

Das Wort "Karoshi", das "Tod durch Überarbeitung" bedeutet, beschreibt ein erschreckendes Phänomen, das die Folgen von Arbeitsstress verdeutlicht. Laut dem japanischen Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales starben im Jahr 2022 54 Menschen aufgrund von arbeitsbedingten Problemen mit Gehirn und Herz. Obwohl diese Zahl deutlich niedriger ist als vor zwei Jahrzehnten, als es 160 Todesfälle gab, steigen die Ansprüche im Zusammenhang mit psychischem Druck am Arbeitsplatz drastisch an: von 341 auf 2.683 in der gleichen Periode.

Ein tragischer Fall ereignete sich 2017, als ein 31-jähriger Politikreporter von NHK an Herzversagen starb, nachdem er im Monat zuvor 159 Überstunden geleistet hatte. Fünf Jahre später beging ein 26-jähriger Arzt in Kobe Selbstmord, nachdem er mehr als 200 Überstunden in einem Monat gearbeitet hatte.

Die normale Arbeitszeit in Japan beginnt um 9 Uhr morgens und endet um 9 Uhr abends. Viele Arbeitnehmer verlassen jedoch erst gegen 23 Uhr das Büro. Ein Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, erzählt, dass er aufgrund des Arbeitsdrucks unter gesundheitlichen Problemen wie Beinzittern und Verdauungsstörungen leidet. Er möchte kündigen, aber in Japan wird der Rücktritt als unhöflich angesehen. Viele Arbeitnehmer bleiben Jahrzehnte lang im selben Unternehmen.

In extremen Fällen zwingen Vorgesetzte Mitarbeiter, die kündigen wollen, zum Verbleib im Unternehmen, indem sie ihren Rücktrittsschreiben zerreissen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, gibt es Beratungsfirmen, die Arbeitnehmern beim Kündigen helfen. Shiori Kawamata, Betriebsleiterin von Momuri, erklärt, dass ihr Unternehmen im vergangenen Jahr über 11.000 Anfragen von Kunden erhalten hat. Momuri, was im Japanischen "Ich kann nicht mehr" bedeutet, wurde 2022 in Minato, einem der geschäftigsten Geschäftsviertel Tokios, gegründet.

Für 22.000 Yen (ca. 150 Euro) bietet das Unternehmen Unterstützung bei der Einreichung der Kündigung, der Verhandlung mit dem Unternehmen und der Vermittlung von Rechtsbeistand im Falle eines Rechtsstreits.

Japans Arbeitskultur steht vor großen Herausforderungen. Die Balance zwischen Arbeit und Privatleben, die Reduzierung von Überstunden und die Förderung einer gesünderen Arbeitsumgebung sind wichtige Aufgaben, die es zu bewältigen gilt.